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Die artenreichsten Lebensräume der Erde
Trockenrasen versus Regenwälder


(umg.info 2013_01) Tropische Regenwälder gelten als die arten­reich­sten Lebensräume der Erde. In großem Maßstab stimmt das auch. Bei kleinräumiger Betrachtung haben je­doch Magerwiesen bezüglich Arten­viel­falt die Nase vorn.

Bei großräumiger Analyse der Artenvielfalt sind tropische Regen­wälder die „hotspots“ der globalen Biodiversität und die mit Abstand viel­fältig­sten Lebensräume der Erde. Studien zur Artenvielfalt kleiner Flächen beschränkten sich bislang meist auf eine bestimmte Region oder be­schäftig­ten sich nur mit einem ausgewählten Vegetationstyp. Diese Lücke in der ökologischen Forschung haben Wissenschaftler nun ge­schlos­sen, indem sie eine Vielzahl an Untersuchungen zur Arten­vielfalt auswerteten und die pflanzenreichsten Lebensräume für unter­schied­lichste Flächengrößen ermittelten. Mit einem über­rasch­enden Ergebnis: Es gibt zwei Lebensraumtypen, die in Hinblick auf die Pflanzenvielfalt sämtliche Rekorde schlagen. Bei Flächen über 100 m² sind und bleiben es die tropischen Regenwälder. Bei Flächen unter 100 m² haben je­doch Grasländer der gemäßigten Zonen die Nase vorn. So wurden in exten­siv genutzten Grasländern in Argentinien 89 Pflanzenarten auf 1 m² dokumentiert. Aber auch europäische Halb­trocken­rasen auf kalk­haltigem Untergrund stehen bei kleinen Fläch­en­größen an der Spitze der pflanzenreichsten Lebensräume, etwa mit 44 Pflanzenarten auf 25 cm² oder 115 Arten auf 25 m² in tschech­ischen Halbtrockenrasen.

Erstaunlich ist, dass damit sowohl in Hinblick auf die klimatischen Be­dingungen als auch auf die Entstehungsgeschichte zwei völlig unter­schied­liche Lebensraumtypen vorne liegen. Halbtrockenrasen unter­liegen einem Jahreszeitenklima und zählen zu den halbnatürlichen Lebensräumen: Als Ersatzgesellschaften von Wäldern sind sie durch die menschliche Nutzung entstanden. Tropische Regenwälder hin­ge­gen sind natürliche, vom Menschen unbeeinflusste und evolutionär alte Lebensräume, die das gesamte Jahr konstanten Um­welt­be­ding­un­gen mit reichlich Feuchtigkeit und hohen Temperaturen ausgesetzt sind. Gemeinsam ist ihnen nur ihr hoher Gefährdungsgrad. Denn nicht nur die tropischen Regenwälder sind rückläufig. Auch extensiv be­wirt­schaf­tete, artenreiche Wiesen und Weiden auf nährstoffarmen Stand­orten werden immer seltener. Sie sind sowohl durch die Aufgabe der land­wirtschaftlichen Nutzung als auch durch Nutzungsintensivierung be­droht.


Wilson, J. B., Peet, R. K., Dengler, J. & Pärtel, M. (2012): Plant species richness: the world records. Journal of Vegetation Science 23 (4): 796-802, http://labs.bio. unc.edu/Peet/pubs/JVS2012.pdf
Dengler, J. (2012): Europäische Trockenrasen schlagen tropische Regenwälder. Biologie in unserer Zeit 42 (3): 148-149


Keywords: Biodiversität, Artenvielfalt, Gefäßpflanzen, Halbtrockenrasen, trop­ische Regenwälder
 

 


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