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Naturnahe Begrünungen und Genetik
Ein unterschätzter Faktor bei Ansaaten


(umg.info 2012_01) Ansaat ist eine wesentliche Maßnahme, arten­reiche Lebensräume zu entwickeln oder wieder herzustellen. Dabei kommen meist kommerzielle Saatgutmischungen zum Einsatz. Über die genetische Qualität der verwendeten Samen macht sich jedoch kaum jemand Gedanken. Dabei kann die genetische Qualität des Saatguts möglicherwiese den Erfolg von Rekultivierungsmaßnahmen entscheidend beeinflussen.
Seit einigen Jahren wird bei Begrünungen zwar mehr darauf Wert gelegt, Samen aus der Region zu verwenden. Dennoch ist die Ver­wendung von „Ökosaatgut“ kein Garant dafür, dass die angesäten Pflanzen in ihrer Genetik den natürlichen Vorkommen vergleichbar sind.
In einer Studie im schweizerischen Oberaargau wurden angesäte und natürliche Bestände der Kuckucklichtnelke (Lychnis flos-cuculi), einer typischen Feuchtgrünlandart, genetisch analysiert. Die angesäten Populationen unterschieden sich von den natürlichen Vorkommen - insbesondere war der Inzuchtkoeffizient in den angesäten Beständen dreimal höher als in den natürlichen.
Hierfür können mehrere Gründe verantwortlich sein. Zum einen treten Inzuchterscheinungen auf, wenn die für die Vermehrung gesammelten Samen nur von sehr wenigen Individuen stammen. Zum anderen nehmen Inzuchteffekte mit jedem Vermehrungszyklus in der Saat­gut­produktion zu. Darüber hinaus ist es möglich, dass bereits die ur­sprüng­lich der Natur entnommen Samen genetisch verarmt waren – etwa weil sie aus sehr kleinen oder stark isolierten Populationen stammen bzw in der Vergangenheit einen genetischen Flaschenhals durchlaufen haben.
Künftig sollte daher bei Naturschutzprojekten vermehrt Augenmerk auf die genetische Qualität des verwendeten Saatguts gelegt werden, in­dem beispielsweise die Ausgangspopulationen auf Inzucht kon­trol­liert werden. Ebenso ist bei der Saatgutproduktion stärker als bisher darauf zu achteten, Inzuchteffekte zu verhindern.


Aavik T., Edward P.J., Holderegger R., Graf R. & Billeter R. (2012): Genetic con­sequences of using seed mixtures in restoration: A case study of a wetland plant Lychnis flos-cuculi. Biological Conservation 145 (1): 195-204


Keywords: Ansaat, Aussaat, Begrünung, genetische Vielfalt, Inzucht, Re­kul­ti­vier­ung, Saatgut
 

 


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